I-slamophob, -srael und -ran

Der israelisch-palästinensische Konflikt, nein Dauerkrieg ist in die nächste Runde der Eskalation gegangen. In Reaktion auf einen weiteren Gegenangriff oder eben Terror der Miliz Hamas hagelt es einen weiteren Gegenangriff oder eben Terror der israelischen Staatsarmee IDF, um Gaza platt, die Bevölkerung weg, Israel größer und Palästina noch unmöglicher zu machen. Dazu ein Auszug aus meinem Buch der großen »Lügen, Lügen, Lügen«.

 

Konflikte sind manchmal auch ganz gut, oder? Für manche jedenfalls. Für die meisten eher nicht. Denn die leiden unter Kriegen, Krisen und Konflikten. In Lateinamerika, dem inoffiziellen Hinterhof der USA, zum Beispiel. Wegen Sanktionen zum Beispiel. Völkerrechtswidrigen Sanktionen, wie sie gegen Venezuela oder Kuba verhängt wurden. Wenn sich nämlich das Hinterhofmilieu nicht nahtlos in die mindermoralische Vorhofumgebung einfügt, sondern der Pentagon-Zuhälterei den Mittelfinger zeigt. […]

 

Die Welt ist geo- und gesellschaftspolitisch sowieso schon ziemlich angespannt und der Widerstand gegen den Westblock wächst. Aber all die Länder geben nichts her. Die korrupte Ukraine nicht, das arme Moldawien nicht und der Iran auch nicht. Die Türken, Iraker und Syrer geben den Kurden nichts, die Spanier und Franzosen den Katalanen und Basken nichts, die Briten den Schotten und Iren nichts, die USA den Texanern oder Hawaiianern nichts, die Kanadier den Quebecern nichts, die Italiener den Tirolern nichts, die Belgier den Flamen nichts. Auch nicht die Chinesen, weder den Tibetern noch den Taiwanesen ihre Unabhängigkeit und Freiheit. Geschweige denn die gewaltsam expandierenden Israelis den besetzten und geknebelten Palästinensern ihr Land und Eigentum oder den Syrern die Golanhöhen zurück. Dafür nehmen sie alle zusammen den Menschen immer mehr von ihrer Selbstbestimmung weg.

 

Übrigens war die Ukraine, das heißt jener Regierungsvertreter Podoljak, auch darum bemüht, den Iran und Israel in den Ukraine-Krieg zu ziehen und ihn damit noch weiter eskalieren zu lassen. Und dem ging folgende Episode westlicher Doppelmoral im, nennen wir es erweiterten Nahost-Konflikt voraus: Israel greift ja nicht nur regelmäßig Syrien mit Bomben und Raketen an, sondern immer wieder auch mal den Iran. Etwa im Januar 2023. Dieses Mal war das Ziel eine Rüstungsfabrik in Isfahan, ein Angriff, der mit Drohnen erfolgte. Nun meldete sich zwar keine westliche Sanktionsgemeinschaft deswegen zu Wort, dafür aber jener Podoljak vom ukrainischen Regime. Podoljak unterstellte nämlich eine Teilnahme Kiews am israelischen Drohnenangriff, was Israel dann wie gewohnt durch Schweigen indirekt bestätigte. Außerdem hat sich Israel ja nicht erst seit der Ermordung eines iranischen Nuklearphysikers im Iran oder mit den Bomben auf Isfahan warm geschossen. Was laut Tel Aviv nämlich noch folgen soll, sind Jahre des Donners. Oder, wie der israelische Verteidigungsminister Benny Gantz zu angehenden Piloten der Luftwaffenbasis Hatzerim im Süden Israels sagte: »Sie könnten in zwei oder drei Jahren den Himmel nach Osten überqueren und an einem Angriff auf Nuklearanlagen im Iran teilnehmen.« Das plane man. Andere dürften, könnten oder müssten auch »tief in das Gebiet im Libanon und in Syrien fliegen«.

 

Nun hatte Podoljak womöglich nur geblufft, um den Iran zu reizen. Israel tut das für gewöhnlich aber nicht. Also bluffen. Dabei ist es gar nicht nötig, Israel gegen Russland in Stellung zu bringen. Das geht auch ohne Podoljak. Dank Benjamin »Bibi« Netanjahu und seiner radikalen Regierung, die Palästinenser jeden Alters und Geschlechts aus dem Weg baggern, knüppeln oder schießen lässt. Zumindest aber in Ghettos und Flüchtlingslager sperrt. Der unter dringendem Korruptionsverdacht stehende Bibi war jedenfalls schon kurz nach seiner sechsten Wiederwahl im November 2022 zu fast allem bereit. In einem Interview mit dem US-Polit-Sender CNN teilte Netanjahu auf die Bemerkung des Moderators »Israel muss den Ukrainern noch Waffen schicken« mit, darüber nachzudenken, der Ukraine auch »andere Hilfe«, nicht immer nur humanitäre, zukommen zu lassen. Außerdem müsse man in Syrien weiterhin machen können, was man wolle, »um den Iran in Schach zu halten«. Allerdings kontrollierten in Syrien die mit Damaskus verbündeten Russen den Luftraum. Also schob Bibi bei CNN noch hinterher, dass man ja gar kein Bedürfnis habe, »in eine russisch-israelische militärische Konfrontation zu geraten«. Übrigens drängten auch die USA darauf, dass Israel doch endlich mal schweres Gerät an die Russenfront in der Ukraine schicken solle. HAWK-Flugabwehrraketen zum Beispiel.

 

Dass es sich bei Bibis neuem Gruselkabinett in Israel übrigens um astreine Faschisten handelt, sagen sogar dessen Mitglieder selbst von sich. Und das ganz ungeniert. Etwa der israelische Finanzminister Bezalel Smotrich, der sich als »faschistischen Homophoben« bezeichnet, wie CNN schreibt. Oder Netanjahus Parteikollegen Danny Danon und Miki Zohar. Danon, immerhin UN-Botschafter Israels, fragte ja auch, was an einer palästinensischen Kapitulation falsch sei, es sei doch immerhin »die Erkenntnis, dass sich der Versuch, in einem Wettbewerb mitzuhalten, als teurer erweist als die Unterwerfung«. Und Zohar sagte im Juni 2018 in einem Radio-Interview: »Die israelische Gesellschaft gehört der jüdischen Rasse. Und die jüdische Rasse ist das klügste, verständigste und beste Humankapital.« Oder Zohar über ein Jahr zuvor: »Die Zwei-Staaten-Lösung ist tot. Was bleibt, ist eine Ein-Staat-Lösung, wobei die Araber hier nicht die volle Staatsbürgerschaft haben, denn sonst können sie an den Knesset-Wahlen teilnehmen.« Als der israelisch-palästinensische Abgeordnete Ahmad Tibi meinte, Miki Zohar würde Rassentheorien wie die Nazis vertreten, antwortete ihm dieser via Twitter: »Das ist einer der seltenen Momente, wo ich Ihnen zustimme.«

 

Auch anderen Israelis, etwa dem Politologen und Historiker Zeev Sternhell, fiel schon vor Jahren auf, dass Leute wie Zohar und Smotrich stellvertretend für den wachsenden Rassismus und Faschismus im Land stehen würden, was ihn an die Anfangszeit des Nationalsozialismus erinnere.

 

»Sehen Sie, ich kontrolliere die Regierung und ich bin verantwortlich für ihre Politik«, so Netanjahu. Eine Aussage, die allerdings kein bisschen beruhigt, denn auch er hält mit seinen radikalen Ansichten nicht hinterm Berg. Ansichten wie: »Die Schwachen zerfallen, werden geschlachtet und aus der Geschichte gelöscht, während die Starken, zum Guten oder zum Bösen, überleben. Die Starken werden respektiert, mit den Starken werden Bündnisse geschlossen und am Ende wird mit den Starken Frieden geschlossen.« Das schrieb Netanjahu am 29. August 2018 auf Twitter. Und seine Analyse trifft ja durchaus zu, weshalb er mit Putin einen Kompromiss gefunden haben will, wie man sich in Syrien denn nun aus dem Weg gehen könne. Obwohl Bibi ja durchaus heiß auf einen Krieg gegen die anderen syrischen Verbündeten, vor allem gegen den Todfeind Iran, ist.

 

Anfang des Jahres 2019 veranstalteten die USA und Polen in Warschau eine Art »Querfront«-Nahostkonferenz mit diversen Vertretern der Ölscheich-Diktaturen Saudi-Arabiens, der Vereinigten Arabischen Emirate, Bahrains, der EU-Zentralisten aus Deutschland und Frankreich sowie mit ihm, dem israelischen Anführer Bibi. Nur der Iran war nicht dabei, schließlich ging es darum, sich gegen Teheran zu verbünden. Auf jeden Fall vergaß Netanjahu nicht zu erwähnen, was er unter dem Motto »Frieden und Stabilität« des Treffens so alles verstand. Nämlich:

 

»Wichtig an diesem Treffen ist – und dieses Treffen ist nicht geheim, denn es gibt viele davon –, dass es sich um ein offenes Treffen mit Vertretern führender arabischer Länder handelt, die sich mit Israel zusammensetzen, um das gemeinsame Interesse an einem Krieg mit dem Iran zu verfolgen.«

 

Nun ja, Israels Führer und seine Gefolgsleute wollen wohl einfach keinen Frieden. Erst recht nicht mit den Palästinensern, wie selbst Schabtai Shavit, ein ehemaliger Chef des israelischen Geheimdienstes Mossad, in einem Interview mit der israelischen Zeitung Maariv zugab. Schuld daran seien nämlich die Rechtsfaschisten im Land, so Shavit. Denn Netanjahu habe schon längst Frieden mit den Palästinensern haben können, wenn er nur wollen würde. Israel sei aber die stärkste Macht im Nahen Osten. Wozu den Palästinensern dann ihren Staat geben und sich mit Hardlinern à la Smotrich, der Galiläa immerhin »judaisieren« und Israel zu einem Gottesstaat machen möchte, anlegen? Außerdem ist klar: Israel erhält so gut wie bedingungslose Unterstützung aus den USA. Daran ändern nicht einmal US-Gesetze etwas, wie Snowdens NSA-Enthüllungen zum israelischen Feldzug gegen die libanesische Hisbollah im Sommer 2006 bestätigt haben. Ein Krieg, den Condoleezza Rice »als Geburtswehen eines neuen Mittleren Ostens« feierte. Allerdings etwas verfrüht.

 

Nun sind die USA ja überhaupt recht großzügig und spendabel. Während Israel von Washington mit US-Geheimdienstinformationen über die Hisbollah oder 38 Milliarden US-Dollar innerhalb weniger Jahre überschüttet wird, bekommt die muslimische Welt auch etwas ab. Und zwar Sprengstoff. Zum besseren Verständnis dazu eine Zahl aus dem Jahr 2015: Unter dem Titel »How many Bombs did the United States Drop 2015« veröffentlichte die US-Denkfabrik »Council on Foreign Relations« die Zahl von 23.144 US-Bombenabwürfen beziehungsweise insgesamt 28.714 Abwürfen der US-Koalition auf sechs Länder in genau diesem und nur einem Obama-Jahr. Die Bomben zielten mit der Begründung, Terroristen und Terrorverdächtige zu bekämpfen, auf Moslems jeden Alters und Geschlechts. Dem Irak und Syrien wurden 22.110 Bomben zugedacht, für Afghanistan waren 947 reserviert, 58 für den Jemen, in Somalia landeten 18 und elf in Pakistan.

 

Um das alles zu vertuschen oder eben ganz anders darzustellen, braucht man die Medien. Egal, ob es um Auf-Putschbemühungen in der Ukraine, in Kuba oder im Iran geht. Das Narrativ soll stimmen, nicht die Moral, wie auch der Fall von Jina oder Zhina Mahsa Amini beweist. Die erst 22-jährige Frau ist unter ungeklärten Umständen in iranischem Polizeigewahrsam umgekommen. Der Fall wurde vom Westen ruckzuck missbraucht, um gewaltsame Aufstände gegen die Mullahs von Teheran anzuzetteln, die zu Hunderten von Toten führten. In etwa zur gleichen Zeit, nur etwas später, wurde aber auch eine erst 16-jährige Palästinenserin durch die israelische Armee im Westjordanland ermordet. Und während die Aufständischen im Iran vom Westen mit Waffen aus dem Nordirak versorgt wurden, interessierte das Schicksal der jungen Palästinenserin dagegen so gut wie keinen. Weder die internationale Politik noch die Medien.

 

Die hybride Kriegsführung gegen den Iran fand übrigens in Kooperation mehrerer westlicher Geheimdienste statt, wie Gholamreza Soleimani, ein iranischer General, in einem Gespräch mit der Teheran Times verriet. Ein anderer iranischer Beamter, der lieber anonym bleiben wollte, meinte im arabischen Fernsehsender Al-Alam sogar, dass die eingreifenden Staaten Teheran angeboten hätten, ihre Subversion zu beenden, wenn sich der Iran dafür dem US-Atom-Diktat beuge, auf die Halsabschneider in Riad zugehe, seine Zusammenarbeit mit Moskau beende und bedingungslos, dafür aber reichlich Gas und Öl in die Energiemärkte pumpe. Die sind wegen der antirussischen Sanktionen und der Nord-Stream-Sabotage nämlich ein bisschen knapp oder wegen diverser Umwege zumindest teurer geworden. Bestätigt wurden die Aussagen des anonymen iranischen Beamten dann indirekt von Robert Malley, dem US-Sondergesandten für den Iran. Malley meinte, die USA würden sich jetzt um »iranische Waffenlieferungen an Russland« und um die »Unterstützung von Demonstranten« kümmern. Also um bewaffnete Demonstranten im Iran, nicht um jugendliche Demonstranten mit Steinschleudern und Luftballons an Gazas Grenzzaun.

 

Und wieso hätte der Westen den Fall eines ermordeten palästinensischen Mädchens, das stellvertretend für so viele Kinder im Westjordanland oder im Gazastreifen, dem größten Freiluftknast der Welt, starb, erwähnen sollen? Vielleicht weil es viel mehr als bloß ein Skandal ist. Was hatte noch Michal Maayan, eine Sprecherin des israelischen Außenministeriums, im irischen Sender RTÉ auf die Frage, warum Soldaten auf die Demonstranten am Grenzzaun von Gaza überhaupt schießen würden, was an einem einzigen Tag rund 60 Palästinenser, darunter Kinder, das Leben gekostet habe, und was dort seit Jahren passiere, geantwortet? »Nun, wir können nicht alle diese Leute ins Gefängnis stecken.«

 

 

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