Meine Presseanfrage zu »Wie tödlich ist das Coronavirus?« vom 1. April 2020 im staatlichen Südwestrundfunk, kurz SWR:
»Sehr geehrte Damen und Herren,
zu Ihrem Beitrag »Wie tödlich ist das Coronavirus?« vom 1. April 2020 bitte ich um Antworten auf folgende Fragen bis spätestens Freitag, den 3. April 2020:
1) Sie schreiben von »Infizierten« und »in Deutschland gibt es relativ viele nachgewiesene Infektionen in der mittleren Altersgruppe der 35- bis 59-Jährigen.« Ist ein »Infizierter« grundsätzlich auch ein »Erkrankter«? Wenn nein, wieso wird nicht nach symptomfreien Infizierten und tatsächlich erkrankten Patienten (auch nach Altersgruppen) unterschieden? Wie sehen die Zahlen dann aus?
2) Sie schreiben: »Immer mehr Patienten in Deutschland müssen wegen einer schweren Erkrankung durch das Coronavirus auf Intensivstationen behandelt werden.« Wie sieht die gegenwärtige Auslastung von Intensivstationen mit Patienten mit diagnostizierten COVID-19 im Vergleich zu anderen Coronavirus-Infektionen aus?
3) Sie schreiben, dass die Zahl der Infizierten vor zwei Wochen stark gestiegen sei. Wenn in einer Woche oder in einem Land etwa 10.000 Tests durchgeführt werden und dabei 1.000 Infektionen festgestellt werden, in der nächsten Woche oder in einem anderen Land aber 20.000 Tests und 2.000 Infektionen, dann ist daraus keine höhere Ausbreitung des Virus abzuleiten, sondern nur eine größere Zahl der Messungen, wie das Magazin Multipolar am 28. März 2020 schreibt. Hat sich im genannten Zeitraum von zwei Wochen auch die Zahl der Messungen erhöht? Wenn ja, um welchen Wert und wie lautet das Ergebnis dann? Weshalb wird das nicht genannt?
4) Sie schreiben: »Auf die hohe Anzahl von Infizierten folgt einige Wochen später eine hohe Anzahl von Todesfällen.« Wo? Auf welche Quellen beziehen Sie sich dabei? Welche Mortalität liegt demnach vor? Um welche Todesursachen handelt es sich dabei?
5) Sie schreiben: »Ab dem 50. Lebensalter steigt das Risiko, durch eine Infektion mit dem neuen Coronavirus zu sterben.« Wie hoch ist das Risiko ab dem 50. Lebensjahr durch eine Infektion mit dem neuen Coronavirus zu sterben in etwa und auf welche Quellen beziehen Sie sich dabei?
6) Erst am Ende des Beitrags schreiben Sie: »Deutsche Virologen schätzen, dass zwischen 0,3 und 0,7 Prozent der Infizierten durch das Virus in Deutschland sterben könnten.« Welche Werte liegen Ihnen für vergleichbare Viruserkrankungen, etwa Influenza, vor und warum ordnen Sie diese Zahlen nicht ein?
7) Sie nehmen, auch in Bezug auf Deutschland, keine Unterscheidung zwischen echten Corona-bedingten Todesfällen und einer zufälligen Viruspräsenz zum Todeszeitpunkt vor, wie etwa auch Professor Sucharit Bhakdi in einem offenen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel grundsätzlich feststellt. Laut dem Virologen Hendrik Streeck ist in Heinsberg etwa ein 78 Jahre alter Mann mit Vorerkrankung an Herzversagen, ohne eine Lungenbeteiligung durch Sars-2, gestorben. Da er infiziert war, taucht er in der COVID-19-Statistik auf. Warum unterscheiden Sie nicht in Todesfälle mit und durch COVID-19 und weshalb erfolgt kein ausdrücklicher Hinweis darauf?
Vorab vielen Dank. Mit besten Grüßen,
Flo Osrainik, freier Journalist«
Die Antwort auf diese sehr konkrete Anfrage spricht Bände. Man weiß beim SWR offensichtlich, dass man nichts weiß.
»Sehr geehrter Herr Osrainik,
vielen Dank für Ihre Mail an den Südwestrundfunk.
Soweit Sie in Ihren Fragen nach der Methodik der Datenerhebung und den Grundlagen unserer Analyse fragen, können wir dazu grundsätzlich sagen: bei allen Datenanalysen des SWR wird die jeweilige Quelle und ggf. die Methodik unter den Grafiken/Charts ausgewiesen.
Wir beziehen dabei sowohl die vom Robert-Koch Institut (RKI) veröffentlichten Zahlen ein als auch Zahlen der Gesundheitsbehörden der Länder.
Manchmal weichen diese Zahlen etwas voneinander ab.
Das hat mit unterschiedlichen Zeitpunkten der jeweiligen Datenübermittlung an das RKI und durch die Landesbörden zu tun. Unser Datenjournalismus-Team arbeitet in der Corona-Berichterstattung eng mit der SWR-Wissenschaftsredaktion zusammen. In beiden Teams gibt es ausgewiesene Fachleute mit entsprechenden Ausbildungen, beispielsweise Medizin und DataScience.
Freundliche Grüße,
Südwestrundfunk«
Mein Presseanfrage erschien bei der Publikumskonferenz.
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