Bundestagswahl 2017 – Junge und alternative Parteien im Kurzporträt

Am 24. September 2017 wir der Deutsche Bundestag gewählt. Eins schient dabei bereits jetzt schon festzustehen: Die Fortsetzung der neoliberalen Politik. Die Gegner einer solchen Politik wie Die Linke werden in den Medien zumeist angefeindet, kleine progressive Parteien zudem ausgeblendet.

 

Dass ein großer Teil der Leitmedien als Türsteher eines nach Weltherrschaft strebenden neoliberalen Kapitalismus fungiert und im Sinne der Interessen der Mächtigen berichtet, mag institutionell bedingt sein. Deutlich wurde dies in jüngster Vergangenheit etwa durch die offene Parteinahme deutscher Medien für Hillary Clinton, die Hetze gegen die griechische SYRIZA oder die Verunglimpfung Jeremy Corbyns – in Großbritannien belegte eine Studie der London School of Economics, dass britische Medien sehr deutlich und offen aggressiv sowie verunglimpfend gegen Corbyn vorgegangen sind, seit dieser Labour-Vorsitzender wurde. Von der Konstruktion eines »Feindbild Russland« oder anderer »unbeugsamer« Regierungen ganz zu schweigen. Es ließen sich aber auch Beispiele von Kampagnen und Stimmungsmache gegen Hartz-Empfänger, die Friedensbewegung oder Globalisierungsgegner nennen.

 

Grundsätzliche Standards des Journalismus werden verletzt, um die Öffentlichkeit zu beeinflussen. Auch die Linksfraktion, einzig im Bundestag verbliebene Partei gegen Kriegshetze und Neoliberalismus, bekommt das immer wieder zu spüren. So hätte »Die Linke« auf ihrem Parteitag in Hannover gezeigt, »wie unfit sie fürs Regieren ist«, wäre ein »Häuflein Sektierer«, gar »auf dem Weg zur Sekte«, und würde sich selbst lähmen und SPD und Grüne verschrecken.

 

Anders als die im Bundestag vertretene oppositionelle Linksfraktion, finden bereits »etablierte« Wahlalternativen, etwa die ÖDP, die Piraten, die Partei »Mensch Umwelt Tierschutz« oder sozialistische Parteien erst gar keinen Zugang in Politsendungen oder auf die Titelseiten der kommerziellen Konzernmedien. Bei den im Bundestag nicht vertretenen, dafür aber wirtschafts- und sozialpolitisch systemkonform ausgerichteten Parteien AfD und FDP sieht das allerdings anders aus, wie zuletzt etwa das ARD-Format »Fünfkampf« deutlich machte.

 

Und da sich jene alternativen Parteien, trotz teilweise wesentlicher Gemeinsamkeiten, nicht zusammenschließen können oder wollen, ähnlich wie es mit Podemos in Spanien oder SYRIZA in Griechenland geschehen ist, folgt nun ein Kurzportrait von fünf progressiven Parteien, die erstmals zur Bundestagswahl antreten.

 

Demokratie in Bewegung (DiB)

Die im April 2017 gegründete DiB ging aus einer Petition hervor und ist bei der Bundestagswahl auf acht Landeslisten vertreten. Die Partei steht für eine Absenkung der Sperrklausel bei der Bundestagswahl von fünf auf drei Prozent, bundesweite Bürgerentscheide, ein Verbot von Unternehmensspenden an Parteien, die Einführung eines Lobbyregisters und die Offenlegung sowie Beschränkung der Nebentätigkeiten und –einkünfte von Abgeordneten. Die EU-Institutionen und Handelsabkommen sollen demokratischer gestaltet und langfristig eine föderale europäische Republik geschaffen werden.

 

Bei der Sozialpolitik fordert die DiB etwa einen Mindestlohn von zwölf Euro, ein Ende des Lohndumpings durch Leiharbeit, eine solidarische und nicht gewinnorientierte Renten- und Gesundheitsversicherung, eine Mietpreisbremse auch für modernisierte Wohnungen sowie ein »einfaches und gerechtes Einkommensteuersystem mit der Perspektive der Weiterentwicklung zu einem Bedingungslosen Grundeinkommen«. Alleinerziehende sollen staatliche Unterstützung bekommen, Kindergeld durch eine »Kindermindestsicherung« von 400 Euro ersetzt, die Ganztagsbetreuung ausgebaut und Bildungsausgaben erhöht werden.

 

Für den Umweltschutz ist die Einführung einer Emissionsabgabe, eine Reform der Nutztierhaltung, die Förderung ökologischer Landwirtschaft sowie Verbote für Patente auf Tiere und Pflanzen geplant. Außerdem sollen nachhaltige Mobilität und der Breitbandausbau gefördert werden.

 

Asylverfahren will die DiB schneller bearbeiten und erfolgreich integrierte Asylsuchende nicht abschieben. Vielfalt und Teilhabe sollen im Grundgesetz aufgenommen, Datenschutz gestärkt und eine Frauenquote in Führungsgremien festgeschrieben werden. Waffenexporte sind nach Ansicht der DiB zu begrenzen, Bundeswehreinsätze nur mit UN-Mandat durchzuführen sowie die Vereinten Nationen zur Wahrung der weltweiten Menschenrechte zu stärken und zu demokratisieren.

 

Die V-Partei³

Die V-Partei³ wurde im April 2016 gegründet und steht auf zwölf Landeslisten. Sie setzt sich unter anderem für eine solidarische und biovegane Landwirtschaft ein. So plädiert sie für einen schrittweisen Ausstieg aus der »Tierprodukt-Industrie«, eine geringere Besteuerung pflanzlicher Bio-Lebensmittel und regional hergestellter Produkte. Kontrollierter und umweltverträglicher Handel sei Freihandelsabkommen wie TTIP oder CETA vorzuziehen. Die V-Partei³ ist gegen die Privatisierung von Trinkwasser.

 

Der Klimaschutz soll insgesamt gestärkt sowie umweltfreundliche Verkehrsmittel und regenerative Energien gefördert werden. Die Partei unterstützt auch die Entwicklung von Alternativen zur Gentechnik und zu Pflanzengiften sowie die Stärkung der Tierrechte. Nahrungsmittel sollen gerechter verteilt und Waffenexporte gestoppt werden. Die V-Partei³ ist für den Abzug von Atomwaffen und ausländischem Militär aus Deutschland sowie für die Eindämmung von Lobbyismus. Sie will die EU reformieren und das EU-Parlament stärken.

 

In der Sozialpolitik wird für die Einführung eines »gerechten Grundeinkommens«, die Ausrichtung des Gesundheitswesens nach dem Wohl der Menschen und nicht nach ökonomischen Interessen sowie für die Gleichstellung aller Geschlechter geworben.

 

Menschliche Welt

Die »Menschliche Welt« wurde im Jahr 2013 gegründet und steht bei der Bundestagswahl auf drei Landeslisten. Bei den Menschenrechten und in Sachen Sicherheit steht die Partei für die Einhaltung der Menschenrechtserklärung und des UN-Verbots von Angriffskriegen. Die deutsche Beteiligung am Syrienkrieg wird als verfassungs- und völkerrechtswidrig abgelehnt. Die Partei ist gegen eine von deutschen US-Stützpunkten ausgehende Kriegsführung durch die USA, für die Reduzierung und Umwandlung der Rüstungsindustrie in eine zivile Industrie unter Wahrung der Arbeitsplätze und für Hilfsgüter- statt Waffenexporte.

 

In der Sozialpolitik soll die Lebensqualität von Familien, etwa durch geringere und flexiblere Arbeitszeiten bei ausreichender Bezahlung und finanzieller Unterstützung, um Kinder nicht zu früh in Betreuung geben zu müssen, gestärkt werden. Die Partei ist für ein von kommerziellen Interessen unabhängiges Gesundheitswesen, für einen unabhängigen öffentlich-rechtlichen Rundfunk, für alternative Heilverfahren, die Förderung der Persönlichkeitsentfaltung, freie und unabhängige Bildung oder die Einführung von Bildungsräten. Zügige Asylverfahren sollen gefördert werden.

 

Erneuerbare Energien aus Sonne, Wind, Bio-Masse und Wasser sowie umweltfreundliche Wirtschaftsformen sollen unterstützt, der Energieverbrauch gesenkt, der Natur- und Tierschutzschutz, ökologische Landwirtschaft sowie ökologischer Tourismus und Verkehr gestärkt werden. Die Menschliche Welt steht für eine Gemeinwohlökonomie mit Stärkung regionaler Kleinunternehmen, Märkte und Währungen sowie von Genossenschaften, Kooperativen, dem Tauschhandel und der öffentlichen Daseinsvorsorge.

 

Politiker sollen künftig der Wahrheit und dem Wohl aller Bürger verpflichtet sein. Dafür sollen sie entsprechend ethisch geschult werden. Verhaltensregeln und Rechenschaftspflichten für Abgeordnete sollen eingeführt werden. Die Partei möchte außerdem Lobbyismus durch Lobbyregister in den Parlamenten regulieren. Die Parteienfinanzierung soll begrenzt und transparenter gestaltet werden. Die Wahlprogramme der Kandidaten sollen rechtlich verbindlich sein – andernfalls droht eine Amtsenthebung nach gerichtlicher Prüfung.

 

Deutsche Mitte (DM)

Die Deutsche Mitte wurde im Oktober 2013 gegründet und steht auf zehn Landeslisten. In der Außen- und Innenpolitik soll die EU nach Ansicht der DM demokratisiert und internationale Gewerkschaftspolitik gefördert werden. Das Völkerrecht hat vor dem Handelsrecht zu stehen. Die Partei steht für die Beachtung der Nichteinmischung in innere Angelegenheiten anderer Länder. Im Palästina-Konflikt wird eine Ein-Staaten-Lösung nach südafrikanischem Vorbild favorisiert. Deutschland soll sich an keinen Aktionen außerhalb der NATO-Gebiete beteiligen. Ausländisches Militär soll aus Deutschland abgezogen werden. Die Sanktionspolitik gegenüber Russland soll beendet werden. Die DM steht für niedrige Obergrenzen bei der Zuwanderung und verbesserte Bedingungen bei der Integration. Migranten ohne Integrationsbereitschaft sollen ausgewiesen werden. Null Toleranz zeigt die Deutsche Mitte gegenüber rassistischen Übergriffen. Die Friedenspolitik soll gefördert werden. Gefordert wird mehr Transparenz, auch die Offenlegung von Geheimdokumenten, Volksentscheide und ein Ende der flächendeckenden Überwachung. Die Bundeswehr ist als Verteidigungsarmee mit einem Wehrdienst – oder alternativ mit zivilem Sozialdienst – umzugestalten.

 

»Zockerei, Zins und Zinseszins« möchte die DM abschaffen, die D-Mark wieder einführen, alternative und regionale Währungen und Tauschringe fördern sowie eine internationale und staatsunabhängige Weltleitwährung etablieren. Manager sollen für Fehlverhalten haften, an Börsen sollen auch soziale, innovative und nachhaltige Werte gehandelt, Steuern vereinfacht sowie die Geldschöpfung unter öffentliche Kontrolle gestellt werden. Gemeinwohlökonomie, Familienunternehmen, Genossenschaften oder Mitarbeiterbeteiligungen und erneuerbare Energien sowie die lokale und Open-Source-Wirtschaft werden gefördert und der Atomausstieg angestrebt. Die DM möchte auf eine gentechnikfreie, regionale und ökologische Landwirtschaft umstellen und ist gegen Massentierhaltung. Sie spricht sich auch gegen die Privatisierung von Infrastruktur, Naturgütern oder Patenten auf Leben und Samen sowie gegen ein profitorientiertes Gesundheitswesen aus.

 

Die Partei ist für ein bedingungsloses Grundeinkommen, um sinnvolle »Arbeitswelten für alle gemäß ihren Wünschen und Fähigkeiten frei von Existenzproblemen« zu ermöglichen. Die DM steht auch für die Gleichberechtigung der Geschlechter, Familienförderung (mehr Kindergeld) und eine Politik gegen die wachsende Kluft von Arm und Reich. Forschungsergebnisse sollen allgemein zugänglich gemacht werden. Die Partei will Kooperation statt Konkurrenzdenken fördern. Medien sollen dem Gemeinwohl verpflichtet werden. Sie will zudem den Natur- und Umweltschutz, etwa durch das Frackingverbot, stärken. Eine medizinische Grundversorgung soll allen Menschen offen stehen. Auf öffentlichen Grünflächen sollen »Nutzpflanzen für die Allgemeinheit« angebaut werden.

 

Bündnis Grundeinkommen

Die Partei wurde im September 2016 gegründet, ist auf 16 Landeslisten vertreten und möchte mithilfe des bedingungslosen Grundeinkommens allen Menschen die Existenz sichern – ohne Bedürftigkeitsprüfung, Zwang zu Arbeit oder Gegenleistungen. Damit soll allen Menschen die demokratische Teilhabe am Gemeinwesen ermöglicht werden.

 

Das Grundeinkommen soll nach den Vorstellungen der Ein-Themen-Partei an einzelne Menschen und nicht an Haushalte gezahlt werden, und jedem Menschen »unabhängig vom sonstigen Einkommen« zustehen. Das »Ideal vom freien und emanzipierten Menschen, der eben ohne Bedingungen das Grundeinkommen erhält« soll umgesetzt und damit totalitäre und faschistische Bestrebungen ausgeschlossen werden. Alleiniges Ziel der Partei ist die Einführung des Grundeinkommens. Dessen genaue Höhe sowie Finanzierung soll eine einzurichtende Enquetekommission des Bundestags festlegen.

 

 

Mein Beitrag erschien bei RT Deutsch.

 

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