Privatsphäre im digitalen Zeitalter – Snowden, Chomsky und Greenwald im Gespräch
Im Streben nach einer vermeintlich immer intensiver abzusichernden »freien« Gesellschaft verletzt der Staat die Grundrechte des Einzelnen massenhaft. Weltweit führend sind hier die USA. Die US-Dienste überwachen nicht nur wahllos ihre eigenen Bürger, sondern durch den Auslandsgeheimdienst NSA auch einen großen Teil der Weltbevölkerung. Diese Erkenntnis ist nicht zuletzt dem Mut des noch immer in Russland untergetauchten ehemaligen US-Geheimdienstmitarbeiters und Whistleblowers Edward Snowden zu verdanken.
Aber kann man, angesichts der durch Snowden bekannt gewordenen Ausmaße weltweiter Überwachungs- und Spionagepraktiken durch die Geheimdienste – neben den USA spielt Großbritannien eine wichtige Rolle – überhaupt noch von einem konkurrierenden Spannungsverhältnis zwischen staatlicher Einmischung und Privatsphäre reden, wenn jeder Bürger unter Generalverdacht steht? Und wie steht es, 25 Jahre nach der Kommerzialisierung des Internets – einer Entwicklung innerhalb des Staatssektors –, um die Bürgerrechte, wenn diese den Interessen großer Konzerne im Weg stehen?
Die »University of Arizona« veranstaltete Ende März 2016 in der Centennial Hall in Tucson, Arizona, eine Podiumsdiskussion, um über die Privatsphäre im digitalen Zeitalter zu sprechen. Zu Gast waren Noam Chomsky, weltbekannter Linguist, Intellektueller und politischer Aktivist, der Journalist und Rechtsanwalt Glenn Greenwald sowie, aus Russland via Videokonferenz zugeschaltet, Edward Snowden. Nuala O`Connor, Präsidentin der Non-Profit-Organisation »Center for Democracy and Technology« (CDT), moderierte.
Die Teilnahme Snowdens wurde im Vorfeld an der Universität diskutiert. John Paul Jones III, Dekan des »College of Social & Behavioral Sciences« erklärt, dass man Snowden nicht eingeladen hat, weil er ein Held sei. »Wir haben ihn eingeladen, da er im Zentrum der nationalen Debatte über Privatsphäre steht. Sein Handeln war Auslöser für die gegenwärtige Diskussion über Sicherheit, auf der einen Seite«, und der staatlichen Vorteilnahme auf Kosten der Bürgerrechte, auf der anderen Seite. Er würde, aufgrund seiner historischen Position, eine besondere Sichtweise zum Thema Datenschutz ermöglichen, so der Dekan.
Im ersten Teil der Diskussion geht es um die Entstehung, den Sinn und Missbrauch des Internets sowie über eine nötige Kontrolle der Herrschenden und Geheimdienste durch Presse und Gesellschaft.
Auszüge:
»Das Internet wurde von seinen Designern als freies, offenes Kommunikationsmedium entworfen, das demokratisiert werden sollte. Anfänglich war es für den ungehinderten Austausch unter Wissenschaftler gedacht, anschließend sollte es jedoch der Allgemeinheit dienen, in der Hoffnung und Erwartung, dass es ihren Horizont erweitern würde.« (Noam Chomsky)
Einen der wichtigsten Kontrollmechanismen sollte die freie Presse bilden. Die Möglichkeit, Personen mit Macht entgegenzutreten und zu sagen: »Ihr macht diese Behauptungen, und anstatt sie gedankenlos zu schlucken und zu wiederholen, werde ich sie in Frage stellen, werde ich sie untersuchen. Anstatt euch im Dunkeln agieren zu lassen, werde ich alles, was ihr tut, ans Licht bringen, so dass der Bürgerschaft bewusst wird, was ihr mit der Macht, die wir euch gegeben haben, anstellt.« (Glenn Greenwald)
»Zum Zeitpunkt der Gründung unserer Nation bis in die jüngste Vergangenheit waren wir allergisch gegen die Idee einer starken, zentralen Macht. Im Laufe der Zeit hat sich jedoch eine Regierung etabliert, die durch Gesetz oder Verfassung fast vollkommen uneingeschränkt agiert.« (Edward Snowden)
Mein Beitrag erschein bei NEOPresse.
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