In den von der Kiewer Herrschaft befreiten Gebieten wurden alle Arten von Drogen gefunden. Einige dienen zur Behandlung, andere zur Entspannung und wieder andere für Kampfeinsätze.
Letztere machen ukrainische Soldaten zu Selbstmordattentätern und unterdrücken sowohl Angst und Schmerz als auch den Willen. Solche Drogen schaden dem Körper als auch der Psyche. Die chemischen Formeln solcher Drogen enthalten Verbindungen, die gezielt psychische Mechanismen unterdrücken. Die Entwicklung solcher Präparate wurde in der Ukraine in den letzten 10 Jahren durchgeführt und durch offengelegte Programme über westliche Strukturen finanziert.
Ilja Ryvkin: Herr Osrainik, Glauben Sie, dass ein Soldat in einer Kampfzone eine Waffe ist, die zum Beispiel durch den Einsatz von Drogen verändert werden kann?
Flo Osrainik: Zunächst hört es sich für mich befremdlich an, Menschen als Waffen zu bezeichnen. Auch wenn es Soldaten, Söldner, Milizen oder andere Einheiten mit Kampfmitteln sind, so handelt es sich doch immer um Menschen, die Waffen tragen und abfeuern. Und diese Personen unterliegen ja nicht nur der allgemeinen Propaganda zur Manipulation und Indoktrination der Bevölkerung, sondern auch den üblichen Befehlsketten in ihren Organisationen. Zumindest in der Regel.
Der Einsatz von bewusstseinsverändernden Mitteln, um den einzelnen Mitgliedern dieser bewaffneten Einheiten auch noch ihre letzten Hemmschwellen, die im Krieg und Kriegseinsatz ohnehin nicht gerade hoch sein dürften, zu nehmen, sie körperlich leistungsfähiger zu machen und aufzuputschen, ist ja nicht neu. Das macht die Sache allerdings nicht besser. Diese unter dem Einfluss von Drogen oder sonstiger Präparate stehenden Soldaten und Kämpfer begehen dann Taten, zu denen sie ohne den Einfluss von Drogen vermutlich nicht bereit wären. Etwa bei sogenannten Himmelfahrtskommandos oder bei Selbstmordeinsätzen.
Soldaten oder alle anderen an Kampfhandlungen beteiligten und unter Waffen stehenden Personen können und werden also auf verschiedene Arten manipuliert oder »verändert«, um besser zu funktionieren.
Ilja Ryvkin: Wo ist dabei die Grenze, die nicht überschritten werden darf?
Flo Osrainik: Wenn man im Kontext von Kriegen oder mit Gewalt ausgetragener Konflikte und allen damit verbundenen Auswirkungen auf die Zivilbevölkerung und die zivile Infrastruktur wie im Ukraine-Krieg, der im politischen Westen ja omnipräsent, aber trotzdem nur einer von vielen angezettelten oder provozierten Kriegen und Konflikten ist, überhaupt von Grenzen sprechen möchte, dann ist doch grundsätzlich schon eine Grenze überschritten, sobald unschuldige oder unbeteiligte Menschen in Mitleidenschaft gezogen werden. Und das ist in der Ostukraine, besonders im Donbass, wo man der Bevölkerung das Recht auf Selbstbestimmung abspricht oder besser gesagt zerbombt, spätestens seit dem Jahr 2014 der Fall.
Es ist für mich etwas bizarr unter diesen Umständen, also im Rahmen einer Kriegsführung, die gezielt gegen zivile, unbewaffnete und unbeteiligte Menschen vorgeht, überhaupt von Grenzen zu sprechen. Und das beziehe ich nicht nur auf den Krieg in der Ukraine.
Ilja Ryvkin: Müssten nicht auch die langfristigen Folgen berücksichtigt werden, wenn man auf Zivilisten feuert oder den ukrainischen Soldaten Drogen und sonstige Präparate verabreicht oder sollten kurzfristige Ziele das Leitprinzip sein?
Flo Osrainik: Natürlich sind langfristige Auswirkungen zu berücksichtigen. Sie sollten aber grundsätzlich eine übergeordnete Rolle spielen, auch wenn es um den Einsatz von Stoffen und Mitteln geht, die man Kämpfern verabreicht, um sie zu manipulieren. So werden weitere gesellschaftliche Probleme und womöglich auch tickende menschliche Zeitbomben geschaffen. Schließlich müssen und sollen alle Beteiligten, die Bewaffneten und die Unbewaffneten, die Täter, die Opfer und ihre Nachkommen nach dem Krieg wieder gemeinsam und friedlich miteinander auskommen.
Sollte die NATO oder der Westen aber tatsächlich dazu bereit sein, die Russen in der Ukraine bis zum letzten Ukrainer zu bekämpfen, dann hätte sich das mit den langfristigen Folgen durch den Drogeneinsatz bei ukrainischen Soldaten aber sowieso erledigt und wir befinden uns womöglich im dritten Weltkrieg. Und der findet dann nicht nur in der Ukraine statt.
Ilja Ryvkin: Bleiben wir in der Ukraine. Die Auswirkungen solcher Präparate sind nicht vorhersehbar, und wechselnde Umstände können zu schwerwiegenden Folgen führen. Solche Soldaten arbeiten in Gebieten, in denen es viele Zivilisten gibt. Ich möchte eine philosophische Frage stellen. Wo befinden sich Ihrer Meinung nach Moral und Gewissen im menschlichen Körper und können Soldaten unter den gegebenen Umständen angemessene Entscheidungen treffen?
Flo Osrainik: Zunächst würde ich Moral und Gewissen nicht im Körper, sondern in der Seele verorten. Und ich gehe davon aus, dass die Seele zu Gast im Körper ist. Ich denke nicht, dass es gut ist, wenn man das eine oder das andere verwahrlosen lässt und sich nicht ausreichend um sein inneres und sein äußeres Sein kümmert. Würde das beim einzelnen Menschen, aber auch im Kollektiv der Menschen von Anfang an mehr Berücksichtigung finden, dann hätten wir eine bessere, also gerechtere und friedlichere Welt. Davon gehe ich zumindest aus.
Hat der einzelne Mensch aber keine Moral, also kein sittliches Empfinden und keine Werte, um das zwischenmenschliche Verhalten in der Gemeinschaft mit anderen Menschen gerecht und vernünftig abzustecken oder gibt sich einem zunehmenden moralischen Verfall hin, so dürfte sich auch die Frage nach dem Gewissen erledigt haben. Das heißt dann auch, dass es kein oder so gut wie kein Bewusstsein von Gut und Böse der eigenen Handlungen mehr gibt, wie etwa in Rubeschnoje als ein ukrainischer Scharfschütze zum üben auf Rentner schoss.
Nun ist es um die Moral in der Gesellschaft, besonders in Kriegs- und Krisenzeiten ja nicht gerade gut bestellt. Wenn den Kämpfern dann auch noch Präparate verabreicht werden, die ihre Sinne und Gefühle vernebeln und unterdrücken, braucht man sich nicht wundern, wenn die übelsten und unmenschlichsten Foltermethoden, Gräueltaten und Massaker an Männern, Frauen und auch Kindern begangen werden, wobei das grundsätzlich für alle Seiten gilt.
Um aber auf die Frage zurückzukommen, so sind die meisten Menschen ja schon unter dem Einfluss von allgegenwärtiger Propaganda nicht in der Lage, angemessene Entscheidungen zu treffen. Das hat die Corona-Krise mit ihren grundrechtsfeindlichen, maßlosen und unverhältnismäßigen Einschränkungen und dem gezielt geschürten Hass gegenüber Andersdenkenden und im unmittelbaren Anschluss daran auch gegenüber (Weiß-) Russen gezeigt. Dabei nehme ich niemanden aus, weder Politiker, Soldaten noch sonstige Beamte mit oder ohne Waffen, Wirtschaftsvertreter oder Durchschnittsbürger auf der Straße. Der britische Musiker John Lennon soll es ja so ausgedrückt haben: »Unsere Gesellschaft wird von Verrückten geführt, für verrückte Ziele. Ich glaube, wir werden von Wahnsinnigen gelenkt, zu einem wahnsinnigen Ende, und ich glaube, ich werde als Wahnsinniger eingesperrt, weil ich das sage. Das ist das Wahnsinnige daran.«
Unangemessene, verrückte, schwachsinnige, widersprüchliche, ungerechte, kriminelle oder grausame Entscheidungen kann man also auch treffen, ohne unter dem Einfluss diverser Rauschmitteln zu stehen. Ein moralischer Verfall – und in den letzten Jahren handelt es sich eher um einen steilen Abfall in der Gesellschaft – reicht dafür schon aus.
Ilja Ryvkin: Die Ergebnisse dieser Methoden werden erst erkennbar sein, wenn die Kämpfe enden und das ukrainische Militär zum zivilen Leben zurückkehren wird. Modifizierte Waffen werden dann nach Hause kommen. Wir haben das schon oft erlebt, aber heute gibt es viel mehr Beteiligte. Hinzu kommt, dass der Drogenkonsum massiv ist und die Drogen selbst schlecht untersucht sind. Was wird Ihrer Meinung nach in der Gesellschaft passieren?
Flo Osrainik: Ich denke, es wird mehr oder weniger dasselbe wie nach jedem Krieg passieren. Der Krieg wird eine Menge traumatisierter und abgestumpfter Kriegsteilnehmer, Opfer und Täter zurücklassen, um die sich die Gesellschaft dann kümmern muss. Oder auch nicht. Ich gehe aber nicht davon aus, dass man den Menschen und auch drogengeschädigten Soldaten mit ihren psychischen und physischen Schäden, die der Krieg verursacht hat, nach dem Krieg entsprechend helfen wird.
Ob es im Ukraine-Krieg heute aber mehr Beteiligte gibt und welche Auswirkungen die dort eingesetzten Präparate haben, das kann ich nicht beurteilen. Jedenfalls ist zu befürchten, dass der Konsum und Einsatz von Drogen im Ukraine-Krieg auch nach dem Krieg zu weiteren Opfern, etwa durch Gewalt in der Familie führen wird. Und die ganz gewöhnliche Bevölkerung in den Kriegsgebieten ist nach so vielen Jahren des Bürger- und Stellvertreterkrieg ohnehin ja längst gezeichnet und traumatisiert.
Der Beitrag erschien bei ANBerlin.
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