Die Gebrüder Durov, Gründer des Messengers Telegram, werden nicht nur von der westlichen Hochfinanz hofiert.
Frankreich sowie St. Kitts und Nevis sind offensichtlich spendabel mit ihren Staatsbürgerschaften. Jedenfalls wenn man Pavel Durov heißt, ein Milliarden-Vermögen und den Messenger-Dienst Telegram besitzt und sich im Dunstkreis des WEF bewegt. Der russische Jungmilliardär Pavel Durov, der zusammen mit seinem Bruder Nikolai das im russischen Sprachraum erfolgreiche soziale Netzwerk vk und den Instant-Messenger Telegram gegründet hat, sammelt nicht nur Kontakte und Geld, sondern auch noch Staatsbürgerschaften. Neben der russischen besitzt der junge Mann auch die des kleinen Inselstaats St. Kitts und Nevis in der Karibik sowie seit August 2021 die französische. Mit den Gründen für diese Vorzugsbehandlung rücken die beteiligten Behörden nur ungern heraus. Ein Kommentar von Flo Osrainik, Journalist und Autor des Spiegel-Bestsellers »Das Corona-Dossier«.
Erst im Juni 2021 schätzte das Magazin Forbes das wie auch immer rasch zusammengekommene Vermögen des im Oktober 1984 in Leningrad geborenen Russen auf rund 17,2 Milliarden US-Dollar. Hilfreich war dabei gewiss auch, dass der Vater von Pavel, der Doktor der Philologie, Valery Durov, der Inhaber oder eben Leiter der Philologischen Fakultät der Staatlichen Universität von St. Petersburg ist. Immerhin schloss Pavel sein Studium in Philologie im Jahr 2006 an der Universität St. Petersburg »erstklassig und mit Auszeichnung« ab, also genau in dem Jahr, als es mit vk, ehemals Vkontake losging.
Und wie das mit Söhnen von gut vernetzten Vätern und Empfängern höchst spendabler Investoren eben ist, ruckzuck so »vier Jahre nach Erstellung der Alpha-Version«, hatte das Netzwerk bereits um die 100 Millionen Nutzer und bald einen Wert von sagen wir so um die 3 Milliarden US-Dollar. Der Rest ist dann nur noch Formsache. Etwa, dass Durov ein paar Jahre später, genau genommen im Jahr 2017 beim World Economic Forum (WEF) als Young Global Leader für Finnland, also wegen des Nordic Business Forums aufschlägt. Warum gerade Finnland? Na, wer weiß und warum nicht (1, 2, 3, 4)?
Ob Finnland, St. Kitts und Nevis oder Frankreich, der Sitz von Telegram befindet sich zurzeit jedenfalls in Dubai und London (5). Mit vk hat Pavel nämlich seit 2014 nichts mehr zu tun, immerhin hat er sich ja »lautstark und medienwirksam gegen Vladimir Putins Einflussnahme auf Vkontkate.ru gewehrt«: Putins Vasallen hätten mit mail.ru den Laden übernommen.
Außerdem »gab er zum Beispiel die von Sicherheitsdiensten angeforderten Daten von ukrainischen Protestierenden nicht heraus oder verweigerte die Sperrung von Alexei Navalnys Seite auf seinem reichweitenstarken Portal«. Zumindest im politischen Westen dürfte so etwas gut ankommen. Pavel zieht also ab — er will nie mehr zurückkommen — und geht medienwirksam ins Exil. Es folgte Telegram mit einem ersten Firmensitz in Berlin (6).
Und nach der Umorientierung in Richtung Westen und WEF folgte auch die Suche nach einer neuen Staatsbürgerschaft mit eine Spende über eine runde viertel Million US-Dollar an den kleinen Inselstaat St. Kitts und Nevis, der irgendwo im karibischen Nirgendwo liegt, aber trotzdem noch unter der Fuchtel von Queen Mum und ihrer Entourage steht. Auf meine Presseanfrage vom 24. November 2021 bei den Vertretern der Zwei-Inseln-Gruppe in London, welche Bedingungen denn für eine Staatsbürgerschaft in der Regel erfüllt werden müssen, ob man womöglich auch noch schneller an einen Pass kommen kann, mit welchen Kosten, Auflagen und Voraussetzungen das verbunden ist und wie das denn im Fall der Einbürgerung von Pavel Durov gewesen ist, antwortete die Landesvertretung noch am gleichen Tag um 14.31 Uhr (6):
»Vielen Dank für Ihre E-Mail. Ich befürchte, dass die Hohe Kommission keine Einzelheiten zu Herrn Durov hat. Wenn Sie aber weitere Informationen über die Staatsbürgerschaft von Investitionsprogrammen wünschen, wenden Sie sich an folgenden Kontakt: Das Citizenship by Investment Unit Büro des Premierministers 1. Stock, Gebäude des Finanzministeriums P.O. Box 597, Golden Rock, St. Kitts, St. Kitts und Nevis, Westindische Inseln Telefon: (1-869) 467-1474 Telefax: (1-869) 465-9926 E-Mail-Adresse: ciuunitskn@gmail.com, Webseite: https://www.ciu.gov.kn/ und nochmals vielen Dank für Ihre Anfrage und einen schönen Tag.«
Nachdem meine Anfrage also zügig und indirekt beantwortet wurde, wollte ich das Gleiche noch von den Franzosen wissen. Und zwar am selben Tag. Nur: Die Franzosen antworteten nicht, weshalb ich am 28. November 2021 »letztmalig um Stellungnahme bis zum 1. Dezember 2021 um 18 Uhr« bat. »Sollte mir eine Antwort bis dahin wieder verwehrt werden«, so würde ich dies »als ein (offizielles) Eingeständnis« werten, »dass der Milliardär Pavel Durov beim Erhalt der französischen Staatsbürgerschaft besondere Privilegien und Vorzüge erhielt, die gewöhnliche Bürger nicht haben«, was dann natürlich auch so zu publizieren sei.
Und siehe da, am 30. November 2021 ging um 11.19 Uhr folgende Antwort bei mir ein: »Die Bedingungen, die erfüllt werden müssen, um die französische Staatsbürgerschaft zu erhalten, stehen im Code civil (Artikel 21 bis 22-3)«. Es folgte ein Link und der Hinweis, »dass Herr Pavel Durov die französische Staatsbürgerschaft erhalten hat«. Dies »wurde am 25. August 2021 im Journal Officiel n° 197 bekanntgegeben«. Noch ein Link dazu und »für nähere Informationen wenden Sie sich bitte an die Pressestelle des Außenministeriums in Paris« sowie der dazugehörende E-Mail-Kontakt.
Nachdem ich meinen kleinen Fragenkatalog also nicht nur an die französische Vertretung in Deutschland, sondern — wie empfohlen — auch noch am 1. Dezember 2021 an die Pressestelle des Außenministeriums in Paris verschickte, herrschte trotz letztmaliger Fristsetzung bis zum 15. Dezember 2021 totale Funkstille. Daher kann man nun offiziell behaupten: Pavel Durov — spricht er überhaupt französisch, hat er dort auch mal gewohnt? — hat seine französische Staatsbürgerschaft aufgrund seiner wohl doch exponierten Stellung zugeschoben bekommen. Aber eine Überraschung war das ja sowieso nicht, schließlich gelten Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit auch in Frankreich heute nicht mehr.
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