Kiews kleiner großer Gegenangriff

Vor rund drei Wochen, exakt am 6. August 2024, hat Kiew im Ukrainisch-Russischen-Krieg mit einer Überraschungsoffensive auf russisches Territorium begonnen. genauer gesagt wurden die russischen Kernregionen Kursk und Belgorod angegriffen und dort einmaschiert. Verschaffen wir uns einen Überblick!

 

Mit der Offensive wollte die Armeeführung um das Kiewer Regime von Wladimir Selenskij, der aktuell ja keine Wahlen mehr im Land zulässt, unter anderem für die Verlegung russischer Einheiten und somit für eine Entlastung der eigenen Kräfte an der Front sorgen. Zumindest melden russische Stellen zur Zeit fast täglich Befreiungen ukrainisch besetzter Ortschaften und Städte in den Donbassrepubliken, die sich der Russischen Föderation angeschlossen haben. Außerdem sollte Russland destabilisiert sowie weiterer Beschuss in die ukrainische Region Sumy, der bisher anscheinend überwiegend von den russischen Grenzregionen ausging, verhindert werden. Dafür wollte man russische Truppen zurückdrängen und eine Pufferzone errichten, so Selenskij. Selenskij, der wie die anderen Post-Putschregierungen in der Ukraine von der NATO finanziell, materiell und mit Personal kräftig unterstützt wird und wie wild um Angriffe auf russische Kernland wirbt, nannte die Operation »das bisher größte Investment.«

 

Frontlinie noch erweitert

Es kann aber auch sein, dass Kiew mit der Offensive seine Verhandlungsposition gegenüber Moskau verbessern möchte, sofern sich die angreifenden ukrainischen Einheiten, darunter befanden sich immerhin auch Söldner oder Soldaten mit Nazisymbolen, auf russischem Boden festsetzen können, was bisher teilweise gelang. Nun stritt Selenskij dieses Motiv offiziell aber ab. Jedenfalls wurde die zuvor schon rund 1.200 Kilometer lange Frontlinie durch die Offensive erheblich erweitert, was es der ukrainischen Seite wiederum erschweren dürfte, die eingenommenen und noch behaupteten Positionen länger zu halten und dauerhaft für ausreichend Nachschub zu sorgen.

 

Selenskij sagte allerdings auch: »Wir spielen nicht mit offenen Karten. Wir sind sehr offen gegenüber unseren Partnern. Wir haben gesagt, wie wir uns diplomatisch auf einen gerechten Frieden und das Ende des Krieges zubewegen.« Kremlchef Wladimir Putin erklärte dagegen, dass Kiew die Operation im Gebiet Kursk eben doch anstoß, um die eigene Verhandlungsposition zu verbessern und das Vorrücken der russischen Streitkräfte im Donbass zu verlangsamen.

 

Nun setzt das Motiv einer besseren Ausgangsposition für Verhandlungen überhaupt erst mal eine entsprechende Gesprächsbereitschaft zu Friedensverhandlungen des Kremls voraus, wonach es momentan aber weit weniger aussieht. Oder anders gesagt, die Bedingungen Moskaus sind allen Beteiligten bekannt. Die Gegenoffensive, bei der auch wahllose Jagd auf flüchtende Zivilsten gemacht wurde, wie Videoaufnahmen zeigen, reichte bis nach Sudscha und noch weiter, also in etwa 35 Kilometer tief auf russisches Staatsgebiet. Moskau hat ein Antiterror-Regime über das Gebiet verhängt. Ob die russische Armeeführung die Entwicklung an der Grenze vor dem ukrainischen Gegenangriff trotz der Überwachung des Luftraums durch die eigenen Aufklärungssysteme nicht bemerkt hat, ist aber eine andere Frage. Jedenfalls haben die USA und Großbritannien Kiew Satellitendaten über die Region Kursk zur Verfügung gestellt, wie die New York Times unter Berufung auf US-Beamte verriet.

 

Offensive gestoppt

Die Operation war bisher der erste Angriff regulärer ukrainischer Truppen auf russisches Staatsgebiet. Zuvor kam es zwar immer wieder zum Beschuss russischer Städte und russischer Infrastruktur aus der Luft, aber noch zu keinem offiziellen Vor- und Einmarsch der ukrainischen Armee. Nach Angaben Moskaus wurde der Vorstoß Kiews auf das russische Gebiet mittlerweile gestoppt, wobei Kiew ein paar Tausende Soldaten und Hunderte gepanzerte Fahrzeuge verloren haben soll.

 

Für weitere Unruhe und Eskalationspotenzial sorgt auch die Tatsache, dass die Kämpfe unweit des Atomkraftwerks Kursk in der Stadt Kurtschatow stattfinden. Es könnte zu einem nuklearen Zwischenfall oder sogar zu einem Angriff auf der ukrainischen Truppen auf das AKW kommen. Aus Besorgnis um die aktuelle Situation und räumliche Nähe der Anlage zu den Kämpfen in der Region Kursk hatte der Chef der Internationalen Atomenergie-Organisation, IAEO, Rafael Grossi, das AKW Kursk auf Einladung Wladimir Putins Ende August besucht. Dabei äußerte er seine Besorgnis. Grossi selbst hätte vor Ort Spuren von Drohneneinschlägen gesehen. Im Anschluss an den Besuch sagte Grossi auf einer Pressekonferenz: »Ich wurde heute über mehrere Fälle von Drohnenangriffen auf das Gelände, auf die Einrichtungen des Kraftwerks informiert. Ich […] habe selbst Spuren dieser Angriffe gesehen. Generell löst die Tatsache, dass nur wenige Kilometer vom AKW entfernt Feindseligkeiten stattfinden, große Ängste und Besorgnis über das Sicherheitssystem aus.«

 

Moskaus Reaktion auf die ukrainische Gegenoffensive erfolgte am 26. August mit einem groß angelegten Angriff auf Einrichtungen des militärisch-industriellen Komplexes in der gesamten Ukraine. Gegen kritisch wichtige Energieanlagen zum Beispiel. Selenskij und die ukrainische Armee sind auf den Westen angewiesen und dienen den NATO-Staaten als Bauernopfer bei ihrem von langer Hand geplanten Kampf gegen Russland. Oder anders gesagt: zur Übernahme Russlands. Trotzdem zögert der Westen noch immer, auf Selenskijs penetrante Forderungen, endlich westliche Waffensysteme für Angriffe in das russische Kernland geliefert zu bekommen oder diese dafür verwenden zu dürfen, nachzugeben. Das aber wäre eine weitere Eskalation in Richtung eines offenen Dritten Weltkriegs.

 

Während London und Paris für eine weitere Eskalation mit Russland sind, sind Washington und Berlin zurückhaltend. Das letzte Wort, so viel ist klar, hat aber Washington. So benötigt die Ukraine für den Einsatz britischer Raketen vom Typ Storm Shadow (Sturmschatten) bis tief nach Russland nicht etwas das Okay von London, sondern das aus den USA. Und dafür haben die Briten in Washington schon vor über einem Monat angeklopft. Doch eine Antwort bleib bisher aus, wie The Telegraph unlängst schrieb.

 

London und Paris treiben Kiew an

Auch Frankreich unter Emmanuel Macron, dass sich mit der zwischenzeitlichen Verhaftung des Telegram-Gründers Pawel Durow in dieser Woche nun sogar im offenen Krieg mit der Meinungsfreiheit befindet, fordert ebenfalls den Angriff auf Ziele im tiefsten Russland, wenn auch nur auf militärische Ziele. Macron in Berlin: »Wir müssen ihnen erlauben, militärische Stützpunkte zu neutralisieren, von denen aus Raketen abgeschossen werden.« Kiew erhofft sich immerhin strategische Vorteile durch Angriffe tief hinter die russischen Frontlinien, da so die militärischen Fähigkeiten Moskaus geschwächt werden. Zumindest geht Kiew davon aus.

 

Doch was, wenn der Kreml anfängt, laut darüber nachzudenken, das »ukrainische Hinterland«, also die militärische Infrastruktur im Westen, die jene mit Nazi-Faschisten und Sympathisanten gespickte Marionetten-Regierung von Kiew mit Waffen und Militärpersonal versorgt, anzugreifen? Oder es womöglich tut? Immerhin gilt, ob in Kriegs- oder Friedenszeiten, selbes Recht und sogar Unrecht für alle. Oder eben für keinen. Das betrifft Angriffe und Gegenangriffe, Subversionen, Sanktionen oder Verbote. Auch wenn die Doppelmoralisten, Kriegstreiber und Propagandisten das ganz anders sehen mögen. Wie es weiter geht und was die ukrainische Gegenoffensive bringt, werden wir früher oder später sehen. Wozu also spekulieren? Es ist jedenfalls, wie es ist.

 

 

Mein Beitrag erschien im Demokratischen Widerstand.

 

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